Elektromobilitätsregion M-V

Mecklenburg-Vorpommern ist Tourismusland. Neben der Landwirtschaft und der Energieproduktion ist der Tourismus die wichtigste Wirtschaftsquelle. Unsere Gäste sind fasziniert von der vielfältigen Naturlandschaft, der großen Zahl von Burgen und Schlössern, den Kleinstädten der Backsteingotik und natürlich den langen, weißen Stränden zwischen der Lübecker Bucht und Usedom. In einem schmalen Streifen entlang der Küste blüht das Land, die Touristiker müsssen an der Weiterentwicklung der landschaftserhaltenden touristischen Angebote arbeiten. Hier stehen vor allem der Gesundheitstourismus und die Potentiale der Biosphärenreservate noch im Fokus von Ausbauchancen. 

Der Tourismus krankt derzeit am privaten und gewerblichen Autoverkehr. In den Badeorten zwischen Boltenhagen und Heringsdorf staut sich in der Saison der Autoverkehr. Die Gäste leiden unter Lärm, Gestank und mangelnder Sicherheit. Die Beschäftigten brauchen immens lange, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen. Es muss eine Alternative zum Auto gefunden werden.

Touristen wollen neben dem Strand auch immer mehr Aktivangebote. Die Angebotspalette muss erweitert werden um attraktive Natur- und Kulturangebote im Binnenland. Auch dabei muss der private PKW ausgedient haben, alternative ökologische Mobilitätsangebote zwischen Strand und Binnenland müssen entwickelt werden. Gerade in den Biosphärenreservaten ist der Ausbau einer naturverträgichen Mobilität zugunsten eines sanften Tourismus verpflichtend.

Südlich dieses Streifens heißt Mecklenburg-Vorpommern aber im Wesentlichen: strukturschwacher ländlicher Raum im Zeiten des demografischen Wandels. Das bedeutet weite Wege, wenig Arbeitsstellen, immer mehr ältere und alte Menschen und immer weniger Kinder und Jugendliche, hier herrscht latente Verarmung. Die Daseinsvorsorge des Staates ist kaum finanzierbar. Vor allem Mobilität ist problematisch: Öffentlicher Personennahverkehr wird nicht mehr angeboten, ein Auto –geschweige denn ein zweites für den Ehepartner – ist nur durch Entbehrungen finanzierbar. Das Moped, der Motorroller und auch das Fahrrad wird immer mehr das Mobilitätsmittel der Wahl.

Aufgeben? Stabilisieren? Entwickeln? Über Kurz oder Lang stehen die Politiker vor dieser Frage. Dabei geht es letztlich immer darum, die Vertreibung nach Möglichkeit zu vermeiden und die Würde der Menschen im peripheren ländlichen Raum durch Erhalt und Weiterentwicklung der Daseinsvorsorge zu wahren.

Das heißt, nach Lösungen zu suchen, die den Menschen im strukturschwachen ländlichen Raum den Zugriff auf soziale Kontakte, Dienstleistungen und Güter bewahren.

Damit ist deutlich: Sicherung der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum heißt vorrangig: Sicherung der Mobilität. Dabei spielt der Öffentliche Nahverkehr eine wichtige Rolle, aber gerade im ländlichen Raum kann auf private Mobilität nicht verzichtet werden. Es gilt, auch dafür innovative, bezahlbare Lösungen zu finden.

MV möchte sich in beiden Handlungsszenarien deutlicher der Elektromobilität bedienen.  Das Angebot des BMVBS, eine Elektromobilitätsregion innerhalb des Landes ausweisen und sich intensiver an den Förderprogrammen beteiligen zu können, nimmt das Land MV mit Dank auf. 

Wir wollen dabei die spezifische Situation des Landes betrachten und Arbeitsschwerpunkte bilden.  Projekte innerhalb der Elektromobilitätsregion sollen sich ausschließlich auf die beiden Landesschwerpunkte beziehen: 

• Daseins-Vorsorge im ländlichen Raum durch Elektromobilität  

• Weiterentwicklung der Tourismuswirtschaft durch ökologische Mobilität

Derzeitig sind fünf  Themenbereiche für Projekte geplant.

Themenbereich 1:

Experten sind sich einig: der Mobilitätswandel benötigt ganz andere Fahrzeuge als nur Elektroautos. Und die Leichtelektromobilität bleibt nicht beim Elektrofahrrad oder –roller stehen. Gerade für die Sicherung der Daseinsvorsorge spielen einfache und kostengünstige Fahrzeuge, die überhaupt nicht den Standards der herkömmlichen Autoindustrie entsprechen müssen, eine immense Rolle. MV möchte eine Vorreiterrolle bei der Untersuchung, Entwicklung und Einführung socher Fahrzeugvarianten zwischen Elektrofahrrädern und Elektroautos spielen. 

Themenbereich 2:

Gerade im ländlichen Raum ist das Auto vermeintlich eine Notwendigkeit. Der Mobilitätswandel hat im ländlichen Raum noch nicht begonnen. Um Alternativen aufzuzeigen, um auch hier den Mobilitätswandel zu fördern, ist es unumgänglich, Bildungsmaßnahmen anzubieten und dadurch aufzuzeigen, dass es Alternativen zum herkömmlichen Auto mit Verbrennungsmotor gibt.

Darüberhinaus gilt es, den beruflichen Wandel zur ländlichen Elektromobilität im Handwerk und Dienstleistungen mit professionellen Schulungen und Ausbildungen zu begleiten.

Themenbereich 3:

In Tourismuszentren muss die Belästigung und Gefährdung durch Autoverkehr verhindert werden. Dazu werden Konzepte für Verkehrsvermeidung und Ersatz des Individualverkehrs durch verschiedene elektrisch angetriebene Shuttlearten erarbeitet und umgesetzt. 

Ergänzend werden Mobilitätsideen evaluiert, die eine nachhaltige Urlaubsmobilität der Feriengäste von der Küste ins Binnenland ermöglichen, um die touristische Wirtschaftskraft im Land besser zu verteilen. Dazu gehört ebenfalls die sanfte Einbindung von Naturschutzgebieten/ Biosphärenreservaten und Kur- und Rehaeinrichtungen in die Tourismusmobilität.

Themenbereich 4:

Der Mobilitätswandel und die Elektromobilität generieren Optionen für neue Geschäftsfelder. Diese sollen entdeckt und zu Gründungsideen entwickelt werden. Diese werden Entrepreneuren angeboten. Dazu werden die Gründerbüros der Hochschulen und Universitäten genutzt.

Ausserdem sollen potentielle Gründer geschult, miteinander vernetzt und gefördert werden. Auch hierzu werden die Gründerbüros der Regionen einbezogen.

Themenbereich 5:

Das bestehende Forschungsprojekt Inmod will das Attraktivitätsdefizit des ÖPNV im ländlichen Raum mit einem neuen Paradigma beheben. ÖPNV im strukturschwachen ländlichen touristischen Raum heißt nicht mehr nur Bedarfsorientierung, sondern ist multimodal und elektrisch-ökologisch. 

Dieses neue Verkehrssystem soll in unterschiedlichen Varianten weiterentwickelt werden und den Nachweis führen, dass es die Entwicklungschancen des ländlichen Raum zu verbessern in der Lage ist.